Am siebten Tag streikte Gott

Avatar von jakob68

Dieser Tage fiel die Straßenbahn aus – wegen Streiks. Und ich habe mich gefragt: Hat Gott auch schon mal gestreikt? Und dann fiel mir ein: Das Verb „schabbat“, ruhen – das heißt auch streiken. Schabbat, Streik, soziale Gerechtigkeit: Eine Glosse.

Von Gerald Beyrodt


Diese Woche ist die U-Bahn ausgefallen –wegen Streiks. In der U-Bahnen sah ich in Tagen vorher lange Schilder der Gewerkschaft, dass man es sicher blöd finde, dass gestreikt wird und so.


In der Tat war ich genervt und habe mich gefragt, wie ich zur Arbeit kommen soll. Die Gewerkschaft hat um Verständnis für den Streik gebeten und geschrieben, dass Arbeitsbedingungen und die Bezahlung miserabel seien.


Ich musste plötzlich an meine diversen Hebräisch_Kurse denken. Das Verb „schabbat“ bedeutet: streiken. Oder auch ruhen. Oder auch Schabbat machen, den siebten Tag feiern. Es kommt gleich in der Schöpfungsgeschichte vor. Am siebten Tag ruhte Gott. Und ich habe überlegt: Vielleicht könnte man übersetzen: Am siebten Tag streikte Gott.

Gott streikte natürlich nicht. Wen hätte er auch bestreiken sollen? Sich selbst? Die Menschen? Die hatte er erst am Tag vorher erschaffen. Die Schöpfung? Ergibt alles nicht so viel Sinn. Am siebten Tag streiken: ist sehr neuhebräisch gedacht.


Das Wörterbuch des biblischen Hebräisch kennt das Tätigkeitswort „schabbat“ nicht in der Bedeutung von streiken, sondern nur als „ruhen“ oder „aufhören eine Sache zu tun“. Und jetzt? Alles nur Zufall – der Zusammenhang zwischen Arbeitsniederlegung, für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen, streiken und Schabbat?


Ich finde: Es gibt da einen Zusammenhang. Es ist mir sehr sympathisch, dass Gott kein Workaholic war. Nach sechs Tagen Schöpfung hat er sich gesagt: „Jetzt mal genug geschöpft hier, jetzt ist Schicht.“


Die Schöpfung dauerte sieben Tage. Erst wenn man sich ausgeruht und durchgeatmet hat, ist eine Sache vollständig. Die Bibel kannte sich aus mit der Work-Life-Balance. Ich bin überzeugt: Gott war bestimmt Gewerkschaftler und wusste: „Ruhezeiten müssen eingehalten werden.“

Und weil Gott das tat, feiern Juden in aller Welt den Schabbat. Wenn ich auf eine Sache stolz bin, dann darauf, dass wir die Idee des freien Tages in die Welt gebracht haben. Das gab es vorher nicht. Christen haben das später kopiert mit ihrem Sonntag.


Großen Wert liegt die Bibel darauf, dass am Schabbat alle frei haben sollen und sich ausruhen sollen: auch Sklaven und Arbeiter, auch Fremde, auch Tiere, einfach alle. Juden sollen am Schabbat frei haben und auch keinen anderen arbeiten lassen. Die Bibel steht voll auf Seiten der Gewerkschaften. Gute Arbeitsbedingungen sind so wichtig!


Und deshalb habe ich die Streikenden verstanden. Und streike auch selbst, wenn ich das wichtig finde. Der Zusammenhang zwischen Streik und Schabbat liegt einfach auf der Hand.

Allerdings: An einem Schabbat ruht man sich schön aus, feiert, singt, trifft Freunde. Und es gibt was total Leckeres zu essen. Bei Streikversammlungen steht man hingegen dumm rum und knautscht fade Käsebrötchen.


Eine Antwort

  1. Gamma Hans

    Gott war
    vor uns
    nach uns
    in uns
    immerdar

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