Ich habe mal zusammen mit anderen einen Stammtisch für jüdische Kolleginnen und Kollegen organisiert. Dann brauchten wir einen Namen für die E-Mail-Adresse. Ich dachte, ein bekannter antisemitischer Mythos würde sich dafür gut eignen. Eine Glosse.
Von Gerald Beyrodt
Vor einigen Jahren wollte ich in einem großen öffentlich-rechtlichen Sender, der sich in einer mittelgroßen Stadt mit Dom am Rhein befindet, einen jüdischen Stammtisch gründen. Ich dachte, Austausch mit anderen Jüdinnen und Juden ist bestimmt gut. Ein Kollege meinte, wir sollten sämtliche Mitarbeiter des Senders anschreiben.
Jetzt brauchten wir nur noch eine ein E-Mail-Adresse. Ich habe gesagt: Ich fände jüdischeweltverschwörung@ und dann der Name des Senders echt prima als Name. Mir hat das gefallen, wo uns die Antisemiten doch immer nachsagen, wir würden die Welt beherrschen, und weil ich geahnt habe, dass wir nur ein kleiner Haufen werden würden. Der Kollege hat zugestimmt.
Allerdings: Wenn man eine E-Mail-Adresse beantragt, sehen das die Vorgesetzten . Da hat der Kollege wohl Bedenken bekommen. Also hat er die jüdische Weltverschwörung ins Hebräische übersetzen lassen, mit der Übersetzungsfunktion einer großen Suchmaschine, die eher nicht am Rhein beheimatet ist. Konspirazia.jehudit @ und dann der Name des großen öffentlich-rechtlichen Senders in der Domstadt am Rhein.
Eigentlich heißt das nur jüdische Verschwörung – aber das mit der Welt wäre zu kompliziert geworden, fand der Kollege. Der Stammtisch war ein Flopp. Wir haben uns nur zweimal getroffen, wir waren echt wenig Leute, dann schlief die Sache irgendwie ein. Die jüdische Weltverschwörung war ein Rohrkrepierer.
Die Adresse konspirazia.jehudit@… haben wir behalten. Noch lange haben mich Leute aus dem Sender angerufen mit Anliegen diesem: „Wir singen hebräische Lieder im Chor und brauchen jemand, der mit der Aussprache hilft. Ich rufe Sie an, denn ich konnte Frau Jehudit einfach nicht erreichen. “
Alles wieder gut 
Hinterlasse einen Kommentar