Göttlich poppen

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Von Gerald Beyrodt

Heute geht es an dieser Stelle mal um Sex. Nicht um den konkreten Sex. Der ist Quelle allgemeiner körperlicher Freude, aber als Gesprächsthema echt unergiebig. Mit Blüten und Bienen und ein paar Variationen ist fast alles gesagt: Blüte mit Blüte, Biene mit Biene, Blüte oder Biene für sich allein und so.

In der Pubertät las man früher die Bravo, heute das Internet, irgendwann hat man den Bogen raus.

Nein, hier geht es heute nicht um konkreten Sex. Hier geht es heute um allegorischen, geistigen, transzendierenden Sex. Sex als religiöse Vorstellung, Metapher und Praxis. Sagen wir es, wie es ist: Es geht auf die eine oder andere Weise um die Vorstellung mit Gott oder dem Göttlichen zu poppen.

Manche Ordensfrauen machen lieber in Phantasie heiß mit Jesus Christus rum als mit einem real existierenden Mann. Das kann man verstehen. Bei real existierenden Männern kann es zu Abkühlungen kommen.

Chassidische Juden verstehen die Nach-Vorne- Wackelei beim Gebet zum Teil allen Ernstes als männliche Kopulationsbewegung. Kopuliert wird mit der Gegenwart Gottes, der Schechina. Ganz schön eklig. Woraus wir lernen: Judentum kann sehr subtil sein, muss aber nicht.

Das biblische Buch Schir ha-Schirim, das Hohelied der Liebe, ist für die jüdische Überlieferungsliteratur nicht einfach ein gut geschriebener Softporno, nein.

Es beschreibt die Liebe zwischen Gott und Israel. Also, zwischen Gott und Israel da ging es echt zur Sache. Und am Beginn des Schabbat spielt sich ein erotischer Akt zwischen dem Schabbat und der Gemeinde ab. Der Schabbat wird als die Braut Schabbat verstanden und von der traditionell männlichen Gemeinde geehelicht oder noch ganz was anderes.

Das ist ziemlich lahm und hetero. Ich habe nichts gegen Heterosexualität.

Ich habe auch gar nicht so sehr das Bedürfnis mit den Schabbat Kerl vorzustellen. Und wenn er noch so ansehnlich ist. Ich verstehe die ganze Metapher nicht so richtig.

Womit wir bei der Frage sind: Warum müssen sich Menschen das Verhältnis zu Gott oder dem Göttlichen dringend als Geschlechtsakt vorstellen? Vielleicht sind die Menschen so begeistert vom Höhepunkt, dass sie ihn auch in der Religion erleben wollen.

Oder vielleicht wollen Menschen in der Religion Höhepunkte, die im sonstigen Leben wenig davon haben, und sind dann gleich so begeistert, dass sie dahinter mehr vermuten als Keuchen und Schwitzen.

Was mich betrifft, ich neige beim Thema Sex und Religion dem Standpunkt zu: Es gibt Dinge, die eigenen sich nicht für religiöse Überhöhungen. Man muss sie einfach tun.


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